ZAS | Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft

Das ZAS | Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft ist ein außeruniversitäres Forschungsinstitut des Landes Berlin. Träger des Zentrums ist der Verein Geisteswissenschaftliche Zentren Berlin e.V. (GWZ).

Am ZAS wird die menschliche Sprachfähigkeit und deren Ausprägung in Einzelsprachen erforscht. Ziel ist es, diese zentrale Fähigkeit des Menschen und ihre biologischen, kognitiven und sozialen Faktoren besser zu verstehen. Durch das Verständnis der Strukturen von Sprache, ihres Erwerbs und ihrer Verarbeitung werden Grundlagen für Anwendungen geschaffen, z.B. im Bereich Sprachdiagnostik oder Sprachtechnologie.

Das ZAS ist international aufgestellt und gliedert sich in vier Forschungsbereiche, in denen Expert:innen aus sehr vielen Kernbereichen der Linguistik tätig sind: Phonetik, Phonologie, Morphologie, Syntax, Lexikon, Semantik und Pragmatik sowie dem kindlichen Spracherwerb. Jeder Forschungsbereich beherbergt zudem extern eingeworbene Drittmittelprojekte, die inhaltlich zu einem oder mehreren der acht Forschungsthemen beitragen. Diese Konzentration von aktiver Forschung in vielen linguistischen Teildisziplinen in einer einzigen Institution ist einmalig in Deutschland und ermöglicht einen direkten Austausch aktueller Forschungsergebnisse und Methoden. Die exzellente internationale Reputation des ZAS macht es zu einem attraktiven Forschungsstandort für internationale Gastwissenschaftler:innen und Stipendiat:innen. Deren Mitarbeit ebenso wie die zahlreichen nationalen und internationalen Workshops und Tagungen geben wichtige Impulse für die wissenschaftliche Arbeit am ZAS.

Was den Wissenstransfer in Politik und Gesellschaft betrifft, spielt das ZAS eine besonders tragende Rolle beim Thema Mehrsprachigkeit, und zwar regional, national und international. Die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung finden auf vielfältige Weise Eingang in tagespolitische Entscheidungen, aber auch in die Entwicklung von Diagnoseverfahren und Fortbildungsprogrammen für Pädagog:innen.

Wichtige Arbeiten und Angebote:

Das ZAS kann auf eine fast 30-jährige Expertise zum mono- und bilingualen Spracherwerb verweisen. Wichtige Arbeitsgebiete des Forschungsbereichs Sprachentwicklung und Mehrsprachigkeit (FB2) sind die Entwicklung von Diskursfähigkeit im Vor- und Grundschulalter, die Identifikation und nähere Beschreibung von Sprachentwicklungsstörungen und die Chancen und Probleme beim mehrsprachigen Spracherwerb. Dazu hat das ZAS Studien zum Erwerb des Deutschen bei Kindern mit den in Deutschland häufigen Migrationssprachen (z. B. Russisch, Polnisch, Bulgarisch, Türkisch) durchgeführt, einige davon als Longitudinalstudien über einige Jahre hinweg.

Das ZAS entwickelt Sprachstandserhebungen und Instrumente für die Diagnose und Therapie von Sprachentwicklungsstörungen und Methoden zur Unterstützung des Deutscherwerbs, welche die familiensprachlichen Kenntnisse berücksichtigen. Mit dem am ZAS entwickelten Multilingual Assessment Instrument for Narratives (MAIN) liegt ein Instrument zur Testung narrativer Fähigkeiten von Kindern in gegenwärtig über 100 Sprachversionen vor, das in mehr als 60 Ländern eingesetzt wird. Durch die weltweite Verwendung des Instruments entstand ein multinationales MAIN-Netzwerk, das am ZAS koordiniert wird. Der Sprachstandstest Russisch für mehrsprachige Kinder ist ein linguistisch und psycholinguistisch fundiertes Sprachstandsscreening für bilinguale Kinder im Vorschul- und Frühschulalter, der ebenfalls weltweit eingesetzt wird.

Das ZAS entwickelt Sprachförderprogramme und arbeitet an Methoden, sprachliches Wissen spielerisch zu vermitteln. Im europäischen COMENIUS-Projekt Friendly Resources for Playful Speech Therapy (FREPY) wurden interaktive und multifunktionale Materialien zur Sprachförderung in den Sprachen Deutsch, Russisch, Estnisch, Litauisch und Slowenisch erarbeitet. Diese Spiele, Puzzles, Bildergeschichten etc. sind als Druckversion und im Internet verfügbar. Der am ZAS angelagerte Berliner Interdisziplinäre Verbund für Mehrsprachigkeit (BIVEM) vereint Grundlagenforschung, Expertise und Wissenstransfer. Im Rahmen des BIVEM wurden longitudinale Studien zum mehrsprachigen Erwerb und zur Sprachentwicklung durchgeführt, neue Initiativen sowie gemeinsame Aktivitäten mit Kooperationspartnern gestartet, Verbindungen zwischen Wissenschaft und Praxis gestärkt. Außerdem bietet BIVEM forschungsbasierte Beratung zum mehrsprachigen Spracherwerb für Eltern, pädagogische Fachkräfte, ärztliches Personal und Entscheidungsträger*innen in der Politik an, entwickelt Angebote zur Weiterbildung. Die Flyer-Reihe ‚Wissenschaft fürs Leben‘, die bereits sechs Themen in sieben Sprachen (Deutsch, Russisch, Türkisch, Arabisch, Englisch, Persisch und Französisch) beinhaltet, ist sehr gefragt: Über 160.000 Exemplare wurden bereits verteilt. Sie leistet einen besonderen Beitrag zum Wissenstransfer von der Forschung in die Praxis und wird auch weiterhin mit neuen Themen und Sprachversionen ausgebaut.

Das unter Federführung des ZAS entstandene Buch „Das mehrsprachige Klassenzimmer“ ist für Lehrkräfte an deutschen Schulen konzipiert, die Schüler*innen mit Migrationshintergrund in ihren Klassen haben. Es vermittelt auf anregende und verständliche Weise Hintergrundwissen für den kreativen Umgang mit Mehrsprachigkeit im Klassenzimmer.

Am ZAS werden ferner Orthografien und Lehrmaterialien für kleine, bedrohte Sprachen entwickelt, beispielsweise ein Wörterbuch der melanesischen Sprache Daakie. Das ZAS will weiter linguistische Faktoren für den Erwerb der Bildungssprache untersuchen und dabei spezielle Herausforderungen wie andere Familiensprachen und spezifische Sprachentwicklungsstörungen berücksichtigen.