MILES

Gemeinsamer Bezugspunkt dieses Netzwerkes sind die Hamburger Längsschnittstudien LAU (Aspekte der Lernausgangslage und Lernentwicklung) und KESS (Kompetenzen und Einstellungen von Schüler*innen), die seit 1995 von der Freien und Hansestadt Hamburg generiert wurden. In beiden Studien wurde eine komplette Jahrgangskohorte von der 5. Kasse bis zum Abitur bzw. Ende der beruflichen Erstausbildung längsschnittlich verfolgt. Zum Einsatz kamen neben Leistungstests Fragebögen zu Personmerkmalen, schulischen sowie unterrichtlichen Variablen und zum familiären Hintergrund der befragten Schulkinder.

LAU und KESS sind bislang überwiegend in deskriptiven Berichten dokumentiert sowie durch einige wenige vertiefende Analysen zu ausgewählten Fragestellungen. Wie bei vielen Datensätzen in der Empirischen Bildungsforschung ist auch das Analysepotential der LAU- und KESS-Daten bei weitem nicht ausgeschöpft. Vor diesem Hintergrund gründete sich im Sommer 2012 das wissenschaftliche Konsortium MILES unter der Leitung von Prof. Dr. Olaf Köller. Auf Basis eines Vertrages zwischen der Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) und dem Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) wurden die LAU- und KESS-Daten dem MILES-Konsortium für vertiefende wissenschaftliche Sekundäranalysen überlassen. Seit dem Winter 2012/13 erfolgte sukzessiv der Transfer der Datensätze an das IPN, wo seitdem die Dokumentation der Studien überarbeitet und vervollständigt wird. Es wurde außerdem eine neue Skalierung der Leistungsdaten mit dem Ziel eines über alle Messzeitpunkte und über beide Studien einheitlichen Skalierungsmodells vorgenommen. Daneben wurde mit RemoteMILES eine Infrastruktur geschaffen, die ein zentrales Vorhalten der Daten ermöglicht und Kooperationen zwischen den Konsortiumsmitgliedern bei der unmittelbaren Datenanalyse begünstigt. Parallel zu diesen Vorbereitungsarbeiten wurden im wissenschaftlichen Konsortium Fragestellungen identifiziert, diskutiert und ausgearbeitet, für deren Bearbeitung die LAU- und KESS-Daten ein besonderes Analysepotenzial bieten. Als inhaltliche Schwerpunkte haben sich dabei Interventionen aus dem familiären Umfeld (Nachhilfe, Auslandsaufenthalte), Schuleffektivität und spezifische Unterrichtsmerkmale (v.a. bilingualer Unterricht) und die Entwicklung sozialer Disparitäten beim Bildungserfolg im Laufe der Schulzeit herauskristallisiert. Dazu wurden methodische Herausforderungen, die sich aus dem aufwendigen Studiendesign ergaben, begleitend oder explizit im Kern der Forschungsprojekte adressiert. Ergebnis dieses Austauschprozesses waren sieben Forschungsprojekte, die auf Basis der LAU- und KESS-Daten bearbeitet wurden.

PISA Plus

Es handelt sich bei PISA Plus um eine längsschnittliche Ergänzung zu PISA 2012, bei der Schüler*innen-Kompetenzen noch einmal nach einem Jahr erhoben wurden. Verwendet wurden dabei neben PISA-Aufgaben auch Aufgaben aus dem Kompetenz-Test zu den Bildungsstandards.

Mit der Studie sollten Erkenntnisse über relevante Einflussfaktoren der Kompetenzentwicklung von schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen gewonnen werden, sowie die Entwicklung und Validierung von Methoden zur Datenauswertung (Stichprobendesign, Skalierung von Leistungsdaten) vorangetrieben werden.

Folgenden inhaltlichen Fragen in Bezug auf die Schüler*innen wurde dabei vertieft nachgegangen:

  • Welche differenziellen Kompetenz- bzw. Wissenszuwächse zeigen sich bei PISA-Tests und den Tests zur Überprüfung der Erreichung der Bildungsstandards innerhalb eines Schuljahres?
  • Welche Wirkung haben Klassenwiederholungen auf die Entwicklung (mathematischer) Kompetenz?
  • Welche Unterrichtsmerkmale wirken sich auf die Leistung und die motivationale Entwicklung der Lernenden aus?
  • Gibt es reziproke Zusammenhänge zwischen Kompetenzmaßen, motivationalen Merkmalen und Interessen?
  • Welche (differentiellen) Auswirkungen haben Merkmale des sozialen und zuwanderungsbezogenen Hintergrunds beim Kompetenzerwerb?
  • Welche Effekte zeigen Faktoren der Schulebene (Schulkultur, Kooperation von Lehrkräften, soziale Komposition, Schulform) auf Unterrichtsgestaltung und Outcome bei der Schüler*innen-Kompetenz?

Niemanden zurücklassen

Die Zielsetzungen des Projekts “Lesen macht stark – Grundschule” sind

  • das frühzeitige Erkennen der Kinder mit Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb
  • die Ableitung individueller Förderung, basierend auf den diagnostischen Erkenntnissen
  • die Dokumentation der Lernentwicklung für Elternarbeit und Förderplanarbeit mit Fachkräften
  • die Prävention von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten

Hierzu entwickelt das MI gemeinsam mit dem IPN und dem Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen in Schleswig-Holstein (IQSH) in Zusammenarbeit mit dem Cornelsen-Verlag ein zweigliedriges Arbeitsmaterial aus Heften jeweils für Schüler*innen und Lehrkräfte zur Diagnostik und Förderung von Lese- und Schreibkompetenz in der Grundschule. Die beteiligten Lehrkräfte werden in regelmäßigen regionalen Fortbildungsveranstaltungen auf die Durchführung der einzelnen Meilensteine vorbereitet, die daraus abgeleiteten Fördermaßnahmen werden thematisiert und Erfahrungen ausgetauscht.

Ab dem Schuljahr 2018/19 startete „Lesen macht stark“ in der ersten Klasse mit einem das Diagnosematerial ergänzenden Trainingskonzept. Das Mercator-Institut führt die wissenschaftliche Beratung bei der Materialentwicklung des Fördertrainings durch und begleitet die Einführung an den Schulen mit der Erforschung der Implementationsbedingungen. Es geht dabei der Frage nach, unter welchen Bedingungen die Lehrkräfte das Trainingsprogramm akzeptieren und ob sie das Material konzepttreu einsetzen. 

EUROPA-Studie

Das Land Berlin hatte eine wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation der Staatlichen Europa-Schule Berlin (SESB) in Auftrag gegeben. Im Rahmen der EUROPA-Studie wurden von 2014 bis 2017 sprachliche, fachliche und interkulturelle Kompetenzen der Schüler*innen mit konventionell unterrichteten Schüler*innen verglichen.

Darüber hinaus wurde die Umsetzung des SESB-Konzepts in Bezug auf die Zusammensetzung der Schülerschaft und den Einsatz der Lehrkräfte überprüft. Begleitend erfolgte eine Elternbefragung.

Ein besonderer Vorteil der EUROPA-Studie lag in der Erfassung der Kompetenzen in den nichtdeutschen Sprachen anhand von Tests aus den internationalen Schulleistungsstudien TIMSS, PIRLS und PISA. Dieses Vorgehen ermöglichte es, die Leistungen der SESB-Schülerschaft mit denen von Kindern und Jugendlichen aus den Ländern, in denen diese Sprachen die Verkehrssprache darstellen, zu vergleichen. 

Mathematische Basiskompetenzen

Kinder, die bereits früh Defizite in Mathematik aufweisen, holen diese meist nicht mehr auf und haben langfristig erhebliche Probleme. Darüber, wie sich diese Fähigkeiten nach Kindergarten und Grundschule entwickeln, weiß man hingegen wenig. Erste Studien deuten darauf hin, dass manche auch in der weiterführenden Schule nach wie vor Defizite bei mathematischen Grundkompetenzen haben. Für den beruflichen Ausbildungssektor liegen derzeit nur vereinzelte Hinweise darauf vor, dass die mangelnde Beherrschung der Grundrechenarten in der Berufsgrundbildung und im Übergangssystem erhebliche Schwierigkeit bei der fachlichen Kompetenzentwicklung verursacht. Außerdem fehlt es an standardisierten Testverfahren für die weiterführende Schule, die über verschiedene Klassenstufen und Schulformen hinweg, insbesondere zwischen den leistungsschwächeren Schüler*innen, differenzieren kann.

Im Rahmen von zwei eng miteinander verzahnten Projekten wurde versucht diese Forschungslücken zu schließen.

ThinK

Was macht eine gute Lehrkraft aus? Diese Frage ist nicht nur Gegenstand der Forschung, sondern wird auch im gesellschaftlichen Diskurs immer wieder thematisiert. Bislang fehlt in der Lehrkräfteforschung eine klare theoretische Konzeptualisierung und ein daraus abgeleitetes Instrument, das pädagogisch-psychologisches Wissen umfassend in verschiedenen Bildungskontexten empirisch zugänglich macht.

Dies war der Ansatzpunkt des ThinK-Forschungsprogramms, das in drei Teilprojekten folgenden zentralen Fragestellungen nachging:

  • Wie lässt sich pädagogisch-psychologisches Wissen konzeptualisieren? 
  • Wie lässt es sich reliabel, valide und ökonomisch in verschiedenen  Bildungskontexten mit Hilfe digitaler Medien erfassen?
  • Wie bedeutsam ist dieses Wissen für den Unterrichtserfolg?
  • Wie unterscheiden sich einzelne Gruppen von Lehrkräften (z.B. Lehrkräfte verschiedener Bildungskontexte und Fächer)?

MBook

Das von der Arbeitsgruppe um Waltraud Schreiber entwickelte multimediale Schulbuch (mBook) ist ein interaktives, individualisierbares und konstruktionstransparentes Lern- und Arbeitsbuch für den Unterricht und wurde prototypisch für das Fach Geschichte konzipiert. Fachinhaltlich wie -didaktisch ist dieses browserbasierte Schulbuch eine Neuentwicklung für kompetenzorientiertes Unterrichten.

Das Potenzial des mBooks liegt vor allem darin, dass es nicht nur als Förder- sondern vor allem auch als Forschungsinstrument genutzt werden kann. In dem Projekt wurden die Potenziale des multimedialen Schulbuchs wissenschaftlich untersucht.

Das Forschungsprojekt untersuchte, ob und wie die unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Nutzungsdaten des multimedialen Schulbuchs zur Erklärung von Kompetenzentwicklung verwendet werden können.

Schlussbericht zum Projekt.

Hector

Im Land Baden-Württemberg entstanden durch die finanzielle Förderung der Hector-Stiftung II seit dem Jahr 2010 rund 60 Hector-Kinderakademien zur Förderung besonders begabter und hochbegabter Grundschulkinder. Die wissenschaftliche Begleitung der Hector-Kinderakademien ist als formative Evaluation ausgelegt, so dass wichtige Erkenntnisse begleitender Untersuchungen unmittelbar in die Arbeit der Hector-Kinderakademien mit einfließen können.

Insgesamt soll untersucht werden, inwieweit die Hector-Kinderakademien zu einer positiven Entwicklung der besonders begabten und hochbegabten Grundschulkinder beitragen können. Darüber hinaus sollen aus den Ergebnissen generalisierbare Befunde zur Entwicklung und Förderung besonders begabter und hochbegabter Kinder abgeleitet werden.

Erfassung der Unterrichtsqualität in Large-Scale-Studien

Wie Lehrkräfte ihren Unterricht gestalten, ist für die Lernentwicklung von Schulkindern und Jugendlichen von entscheidender Bedeutung. Vielfach konnten Aspekte des sogenannten Classroom Managements, der Schüler*innenorientierung oder des kognitiven Anregungsgehalts mit der Lernentwicklung in Mathematik oder Deutsch in Verbindung gebracht werden. Die Erfassung bzw. Messung solcher Qualitätsmerkmale stellt allerdings eine große Herausforderung dar.

Das Projekte setzte sich mit der Qualität von Beurteilungen der Schüler*innen auseinander. Hierbei wurden sowohl gängige Analysemodelle zur Auswertung geschachtelter Urteile überprüft als auch vielfach eingesetzte Fragebogeninstrumente (Items) systematisch aufbereitet.

Lerntypen

Hausaufgaben gehören zu den zentralen Bestandteilen des schulischen Unterrichts und werden mit der Absicht eingesetzt, die Leistung der Schüler*innen zu steigern. Allerdings existiert im Hinblick auf die Wirkung von Hausaufgaben-Vergabe und Hausaufgaben-Erledigung bis heute eine beachtliche Kluft zwischen der intendierten pädagogischen Bedeutung und deren empirischer Absicherung.

Das Projekt adressierte diese Lücke empirischer Forschungsbefunde und erforschte die Thematik in vier miteinander verwobenen Teilstudien, in denen längsschnittlich erfasste Daten von fast 2000 Teilnehmenden der Achten Klassenstufe mithilfe von komplexen Latenten-Profil-Modellen reanalysiert wurden.