In der Leibniz-Forschungsgruppe Digitalisierung und Bildung stehen Fragestellungen zur optimalen Gestaltung und Adaptation von digitalen Lern- und Testmaterialien im Zentrum des Interesses, wie sie zunehmend für individualisierte bzw. adaptive digitale Lernumgebungen in verschiedenen Bildungskontexten benötigt werden.
In experimentellen Studien werden beispielsweise computerbasierte Feedbackvarianten im Rahmen von (formativen) Assessments sowie Effekte multimedialer Darstellungen im Testkontext untersucht. Die Forschungsgruppe setzt dabei unterschiedliche methodische Schwerpunkte (z. B. Augmented/ Virtual Reality, Eye-Tracking, Künstliche Intelligenz) und forscht sowohl im Labor als auch in der Schulpraxis. Ziel ist eine holistische Erfassung von Effekten digitaler Gestaltungsmerkmale auf die relevanten Zielgruppen bezogen auf kognitive, metakognitive, affektive und motivationale Veränderungen. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Erfassung und Analyse von verhaltensnahen Prozessvariablen, die zusätzliche Aufklärung mit Blick auf stattfindende Lernprozesse und den Verlauf der Bearbeitung von Aufgaben über die Zeit erlauben. Neben anwendungsorientierter Grundlagenforschung im Labor stehen auch praxisnahe Interventionsstudien in der Schule (z. B. zur Unterstützung von Lehrkräften beim adaptiven Unterrichten durch formatives digitales Assessment) auf der Agenda.
Ziel des Forschungsprojekts „Adaptivität und Unterrichtsqualität im individualisierten Unterricht“ (Ada*Q) ist es, gemeinsam mit den Preisträgerschulen des Deutschen Schulpreises der Robert-Bosch-Stiftung wissenschaftliche Erkenntnisse und praxisrelevantes Wissen zum produktiven Umgang mit Heterogenität im Unterricht zu generieren.
Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht die Adaptivität des Unterrichts. Das heißt, es soll untersucht werden, inwieweit Unterrichtskonzepte der Differenzierung und Individualisierung dazu beitragen können, eine möglichst gute Passung zwischen dem Unterrichtsangebot der Lehrenden und den individuellen Lernvoraussetzungen der Schüler*innen herzustellen. Dabei soll auch untersucht werden, welche Bedeutung Unterrichtsqualität für diese Passung hat.
Projektflyer
Geringe Literalität („funktionaler Analphabetismus“) und Numeralität, also Schwierigkeiten im Umgang mit Mathematik, im Erwachsenenalter ziehen oft erhebliche Einschränkungen im Leben der Betroffenen nach sich.
Um den Herausforderungen geringer Literalität/Numeralität zu begegnen, sind gezielte bildungspolitische und pädagogische Maßnahmen nötig. Hierfür ist ein umfassendes Verständnis der Ursachen geringer Literalität/Numeralität unabdingbar. Leider liegt auf Basis der existierenden Forschung ein solch umfassendes Verständnis insbesondere der Verursachungsfaktoren geringer Literalität/Numeralität noch nicht vor. Hauptgrund hierfür ist das weitgehende Fehlen längsschnittlicher Daten. Für Deutschland wie auch im internationalen Kontext fußt die bisherige Forschung fast ausschließlich auf Studien, die auf Grundlage einmaliger Datenerhebungen das Phänomen zu analysieren versuchen. Sie erlauben kaum Aufschluss darüber, wie geringe Literalität/Numeralität entstehen – und unter welchen Bedingungen sie sich über die Zeit verändern lassen.
Das Kooperationsprojekt wollte Risiko- und Schutzfaktoren für die Entwicklung und Veränderung geringer Literalität und Numeralität bei deutschen Erwachsenen identifizieren. Mithilfe der Daten aus dem Nationalen Bildungspanel (NEPS) sollten zwei übergeordnete Leitfragen zu geringer Literalität/Numeralität unter deutschen Erwachsenen beantwortet werden:
- Veränderbarkeit: Wie stabil ist geringe Literalität/Numeralität und wie veränderbar ist sie? Wie vielen Personen gelingt es im Zeitverlauf Kompetenzen hinzuzugewinnen, so dass sie den Definitionsbereich geringer Literalität/Numeralität verlassen? Wie viele Personen rutschen über die Zeit in diesen Bereich ab?
- Verursachungskomplexe: Welche individuellen (z. B. kognitive und nicht-kognitive Grundfertigkeiten), strukturellen und kontextuellen Faktoren (z. B. Erwerbstätigkeit, Familiengründung) beeinflussen die Wahrscheinlichkeit solcher Kompetenzzuwächse und -verluste?
Die Forschungsgruppe „Individuelle Entwicklungsverläufe und institutionelle Rahmenbedingungen über die Lebensspanne“ ist ein auf sechs Jahre angelegtes Gemeinschaftsprojekt des DIPF und des IPN. Das Team wertet vor allem bestehende Datensätze der empirischen Bildungsforschung aus, betrachtet die Befunde aber aus einer übergreifenden Perspektive und setzt sie zueinander in Beziehung.
Der thematische Schwerpunkt der Forschungsgruppe liegt auf der längsschnittlichen Perspektive von Bildungsprozessen und Bildungsverläufen von der Jugend bis ins Erwachsenenalter. Dies umfasst auf der einen Seite eine beschreibende Perspektive: Wie verändern sich Individuen und wie stellen sich Entwicklungsverläufe von der Jugend ins Erwachsenenalter in verschiedenen Lebensbereichen dar? Wie sieht dies für unterschiedliche Personengruppen aus? Inwiefern gleichen sich Entwicklungen etwa in unterschiedlichen Lernkontexten und Schulformen und wie unterscheiden sie sich? Auf der anderen Seite wird aus einer erklärenden Perspektive erforscht, welche Rolle hierbei individuelle Charakteristika einerseits und institutionelle Kontexte andererseits einnehmen. An der Frage nach Geschlechterunterschieden erläutert: Verstärken sich Unterschiede zwischen den Geschlechtern in der Sekundarschulzeit, und falls sich divergente Entwicklungen beschreiben lassen, sind dies „allgemeine“ Muster oder spielt etwa die Gliederung des deutschen Sekundarschulsystems eine Rolle?
Mit der Schulgesetznovelle von 2009, die zum Schuljahr 2009/10 in Kraft getreten ist, hat das Land Bremen eine umfassende Schulstrukurreform durchgeführt. Einen Kernbestandteil der Reform stellt die Einführung eines zweigliedrigen Sekundarschulsystems dar, welches sich aus dem Gymnasium und der neu eingeführten Oberschule zusammensetzt. An den Oberschulen, die die bisherigen nicht-gymnasialen Schulformen vereinen, können alle Schulabschlüsse einschließlich des Abiturs erworben werden. Klassenwiederholungen wurden an den Oberschulen abgeschafft. Darüber hinaus soll die Bremer Schulstrukturreform zur Entwicklung inklusiver Schulen beitragen, weshalb etwa die Schulart Förderzentrum aufgehoben wurde. Als zentrale Ziele der Bremer Schulstrukturreform wurden festgehalten, die Leistungsfähigkeit des Bremer Schulsystems zu verbessern und die Kopplung zwischen Elternhaus und Schulerfolg zu reduzieren.
Im Zuge der Einführung der neuen Schulstruktur wurde ein parteienübergreifender Schulfrieden („Bremer Konsens zur Schulentwicklung“) vereinbart, der nun einer externen Bilanzierung unterzogen wurde. Die Evaluation erfolgte durch eine wissenschaftliche Expertisegruppe unter Federführung des DIPF (Sprecher der Expertisegruppe: Prof. Dr. Kai Maaz). Die Auswertungen stützten sich in erster Linie auf schüler*innen- bzw. schulbezogene Kennzahlen aus den amtlichen Schulstatistiken (Schuldatenblatt) sowie vorhandene Leistungsdaten aus dem IQB-Ländervergleich zur Überprüfung der Nationalen Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss und den Hauptschulabschluss. Darüber hinaus wurden Befragungen und Interviews mit verschiedenen Agierenden des Bremer Schulsystems durchgeführt, um tiefergehende Einblicke in schulische Entwicklungstrends und diesbezügliche Herausforderungen zu erhalten. So erfolgte im Rahmen der Evaluation der Schulreform eine Schulleitungsbefragung. Die Schulleitungen erhielten hier die Möglichkeit, sich hinsichtlich ihrer Erfahrungen und Einschätzungen zur neuen Bremer Schulstruktur und deren Entwicklung sowie zu Maßnahmen der Qualitätssicherung und -entwicklung zu äußern. Zentrales Ziel der Befragung war die Generierung belastbarer Informationen zur Akzeptanz und Umsetzung der neuen Bremer Schulstruktur und zur Bewertung vorhandener Instrumente der Qualitätsentwicklung, nicht zuletzt, um mögliche Schwachstellen und Optimierungspotentiale aufzuzeigen.
Im Frühjahr 2016 begann der Austausch zwischen Forschenden der kanadischen Forschungskoalition CYRRC und dem Leibniz-Forschungsverbunds Bildungspotenziale zu Fragen der Flüchtlingsforschung. Auf zwei vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und vom Social Sciences and Humanities Research Council of Canada (SSHRC-CRSH) geförderten Forschungsworkshops wurden die strukturellen Kontexte in Deutschland und Kanada dargestellt und vier gemeinsame Forschungsschwerpunkte identifiziert:
- Ökonomische, soziale und politische Aspekte geflüchteter Kinder, Jugendlicher und Familien
- Sprachkenntnisse, Lese- und Schreibfähigkeiten sowie Lernen im Allgemeinen
- Soziale Integration, Menschenrechte, gesellschaftliche Stigmatisierung, kulturelle Aspekte, sowie Sicherheit/Gewalt
- Psychische Gesundheit und soziale Determinanten von Wohlbefinden
Ziel des vom BMBF geförderten Projektes “Deutsch-kanadische Forschungszusammenarbeit zur Integration von Geflüchteten” war es, die Forschungsaktivitäten in Deutschland und Kanada weiter auszubauen und abzustimmen sowie gemeinsam auf wissenschaftlichen Fachveranstaltungen vorzustellen. Gleichzeitig sollte die Basis für eine vergleichende Betrachtung der beiden Staaten geschaffen werden. Neben der wissenschaftlichen Vernetzung wurde der Transfer von Forschungsaktivitäten und -erkenntnissen in die Öffentlichkeit (in Deutschland) angestrebt.
Das Projekt CAN-D arbeitete eng mit der Child and Youth Refugee Research Coalition (CYRRC) und dem Netzwerk Fluchtforschung zusammen.
Nur wer gut Deutsch kann, hat die Möglichkeit an der Schule, am Alltag und Berufsleben teilzuhaben. Bei dem Erlernen der Sprache spielen die Lehrenden eine wichtige Rolle, die Deutsch als Zweitsprache unterrichten. Über welche Fähigkeiten und welches Wissen sie verfügen, wie sie ihren Unterricht gestalten und ob es Unterschiede zwischen Lehrkräften an Schulen und in der Erwachsenenbildung gibt – das untersucht das Projekt COLD (Competencies of school teachers and adult educators in teaching German as a second language in linguistically diverse classrooms). Das Verbundprojekt wurde gemeinsam vom DIE und dem MI initiiert und wird vom DIE geleitet.
Von April 2019 bis September 2022 erfassen Forschende die professionellen Kompetenzen von Lehrkräften in Schule und Erwachsenenbildung beim Unterrichten von Deutsch als Zweitsprache in sprachlich heterogenen Lerngruppen. Das Projekt adressiert somit die besonderen Anforderungen an Lehre und Didaktik, die bildungsbereichsübergreifend durch neu zugewanderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene entstanden sind. Die Untersuchungen finden im realen Unterrichtskontext mit Lehrkräften in Vorbereitungsklassen und Integrationskursen statt.
Das interdisziplinäre Projektteam umfasst Expert*innen der Erwachsenenbildung/Weiterbildung, der Fachdidaktik Deutsch/Deutsch als Zweitsprache, der empirischen Bildungsforschung, der Linguistik, der Computerlinguistik und der Psychologie. Ein besonderes Gewicht liegt mit der überwiegenden Besetzung der Projektstellen mit Promovierenden auf der Nachwuchsförderung.
Ziel des Verbundes war die Erarbeitung eines Konzeptes zur Beschreibung von nicht-monetären Bildungsrenditen im Bildungsbericht der Bundesregierung auf der Basis von theoretischen und empirischen Ansätzen. Das Teilprojekt „Persönlichkeit und Bildungseffekte“ untersuchte, inwieweit Persönlichkeitsveränderungen im Kindes- und Jugendalter durch Bildungsvariablen vorhergesagt werden können, ob die Effekte unabhängig von den kognitiven Kompetenzen der Schüler*innen sind oder die kognitiven Kompetenzen über den Effekt der Bildung hinaus einen Einfluss auf die Persönlichkeit haben und inwieweit im Erwachsenenalter das Kompetenzniveau und die (vorausgegangene) Bildungsteilhabe die Persönlichkeitsstruktur und die Persönlichkeitsveränderung determinieren. Ergänzend sollten im Erwachsenenalter Wechselwirkungen von Persönlichkeit und Kompetenzen auf Outcomevariablen (wie Lebenszufriedenheit) untersucht werden. Die zentralen Datenquellen waren das Nationale Bildungspanel (NEPS), das Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) sowie insbesondere die ergänzende nationale Längsschnittstudie PIAAC-L.
INSIDE liefert in zwei Projektphasen erstmalig umfassende und belastbare Informationen zur aktuellen Umsetzung von schulischer Inklusion in der Sekundarstufe I sowie zum Übergang von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die Sekundarstufe II, in das berufliche Ausbildungssystem oder eine andere Lebenssituation. Mit Befragungen von verschiedenen, an Inklusion beteiligten Personengruppen wie Kinder und Jugendliche mit und ohne sonderpädagogische Förderbedarfe, Eltern, Lehrkräfte, Schulleitungen und Schulbegleitungen schafft INSIDE eine fundierte Datengrundlage. Diese kann einerseits zur Schaffung einer Grundlage für politische Zielsetzungen zur Förderung von Inklusion im Schulalltag und am Übergang in Ausbildung und Beruf beitragen, andererseits wird sie der wissenschaftlichen Gemeinschaft für weitere Forschungszwecke zur Verfügung gestellt.
Gemeinsamer Bezugspunkt dieses Netzwerkes sind die Hamburger Längsschnittstudien LAU (Aspekte der Lernausgangslage und Lernentwicklung) und KESS (Kompetenzen und Einstellungen von Schüler*innen), die seit 1995 von der Freien und Hansestadt Hamburg generiert wurden. In beiden Studien wurde eine komplette Jahrgangskohorte von der 5. Kasse bis zum Abitur bzw. Ende der beruflichen Erstausbildung längsschnittlich verfolgt. Zum Einsatz kamen neben Leistungstests Fragebögen zu Personmerkmalen, schulischen sowie unterrichtlichen Variablen und zum familiären Hintergrund der befragten Schulkinder.
LAU und KESS sind bislang überwiegend in deskriptiven Berichten dokumentiert sowie durch einige wenige vertiefende Analysen zu ausgewählten Fragestellungen. Wie bei vielen Datensätzen in der Empirischen Bildungsforschung ist auch das Analysepotential der LAU- und KESS-Daten bei weitem nicht ausgeschöpft. Vor diesem Hintergrund gründete sich im Sommer 2012 das wissenschaftliche Konsortium MILES unter der Leitung von Prof. Dr. Olaf Köller. Auf Basis eines Vertrages zwischen der Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) und dem Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) wurden die LAU- und KESS-Daten dem MILES-Konsortium für vertiefende wissenschaftliche Sekundäranalysen überlassen. Seit dem Winter 2012/13 erfolgte sukzessiv der Transfer der Datensätze an das IPN, wo seitdem die Dokumentation der Studien überarbeitet und vervollständigt wird. Es wurde außerdem eine neue Skalierung der Leistungsdaten mit dem Ziel eines über alle Messzeitpunkte und über beide Studien einheitlichen Skalierungsmodells vorgenommen. Daneben wurde mit RemoteMILES eine Infrastruktur geschaffen, die ein zentrales Vorhalten der Daten ermöglicht und Kooperationen zwischen den Konsortiumsmitgliedern bei der unmittelbaren Datenanalyse begünstigt. Parallel zu diesen Vorbereitungsarbeiten wurden im wissenschaftlichen Konsortium Fragestellungen identifiziert, diskutiert und ausgearbeitet, für deren Bearbeitung die LAU- und KESS-Daten ein besonderes Analysepotenzial bieten. Als inhaltliche Schwerpunkte haben sich dabei Interventionen aus dem familiären Umfeld (Nachhilfe, Auslandsaufenthalte), Schuleffektivität und spezifische Unterrichtsmerkmale (v.a. bilingualer Unterricht) und die Entwicklung sozialer Disparitäten beim Bildungserfolg im Laufe der Schulzeit herauskristallisiert. Dazu wurden methodische Herausforderungen, die sich aus dem aufwendigen Studiendesign ergaben, begleitend oder explizit im Kern der Forschungsprojekte adressiert. Ergebnis dieses Austauschprozesses waren sieben Forschungsprojekte, die auf Basis der LAU- und KESS-Daten bearbeitet wurden.